Sie sind unzufrieden in Ihrer aktuellen Position? Oder Sie träumen von einem ganz anderen Job? Vielleicht ist es dann an der Zeit für einen Quereinstieg und das geht auch mit 40+. Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht? Nicht umsonst ist die Midlife Crisis ein Begriff, der von vielen geprägt wurde. Aber eine berufliche Umorientierung bedeutet nicht gleich eine Krise. Wenn Sie für Ihre Karriere einen neuen Weg einschlagen wollen, dann ist die Hilfe durch einen Coach bei diesem Prozess wertvoll. Wir haben Karriereberaterin und Coach Claudia Liemann einmal zum Thema interviewt:
Den Quereinstieg meistern mit Claudia Liemann
Wenn auch Sie seit langem einen Berufswunsch mit sich herumtragen, dann ist der Moment dafür vielleicht gekommen. Ein Quereinstieg kann aber auch neue Optionen eröffnen, wenn sich im aktuellen Job keine Karrierechancen auftun. Oder aber Sie sind arbeitssuchend und möchte gerne die Branche wechseln, dann kann ein Quereinstieg auch mit 40+ eine Gelegenheit sein, sich neu zu orientieren. Doch ein Quereinstieg gelingt natürlich nicht über Nacht, aus diesem Grund möchten wir mit einer Expertin das Thema näher beleuchten.
Claudia Liemann ist Coach und Beraterin für Karriereentwicklung, aber auch Fach- und Führungskräfte. Sie unterstützt Menschen, die an einem Wendepunkt in ihrem Leben stehen und Unterstützung und Rat für den weiteren beruflichen Weg suchen. Sie kann dabei auf langjährige Erfahrung als Beraterin in der Wirtschaft zurückgreifen und das über 20 Jahre auch im internationalen Bereich. Darüber hinaus ist Claudia Liemann als Lehrdozentin engagiert und legt den Fokus in dieser Tätigkeit auf die Bereiche Persönlichkeitsentwicklung und auch Stressbewältigung und Prävention. Die „Life-Work-Balance“ ist für viele mittlerweile immer schwieriger. Sie gibt dazu Impulse und misst dem in ihren Kursen und Vorlesungen eine besondere Bedeutung zu.
Mit ihr haben wir einmal zum Thema Quereinstieg mit 40+ gesprochen. Aufgrund des Fachkräftemangels ist das natürlich immer häufiger zu hören und lesen und das eröffnet manchen neue Möglichkeiten, Karrierechancen und Berufswege. Lesen Sie im Interview, wie Sie den Quereinstieg mit all seinen Aspekten einschätzt:
Die ersten Karrierestufen liegen im Alter von 40+ hinter einem. Man ist auf der Position meist angekommen. Doch für viele stellen sich dann die Fragen, nach dem richtigen Job und ob die bisherige Karriere weiter vorangetrieben werden soll. Eine solche Sinnkrise – womöglich die Midlife Crisis – ist nicht selten, sodass sich viele im mittleren Alter nochmals überlegen, ob sie sich umorientieren sollen. Gibt es einen perfekten Zeitpunkt für die berufliche Umorientierung? Und ist der mit 40+?
Wenn Sie mich so direkt fragen, lautet meine Antwort: Der perfekte Zeitpunkt für eine berufliche Neuorientierung ist immer jetzt. Und zwar genau in dem Moment, indem wir das Gefühl haben, dass unsere aktuellen Karrieremöglichkeiten uns nicht mehr erfüllen oder dass wir unsere Talente und Leidenschaften nicht ausreichend nutzen können. Das ist der Augenblick, in dem wir aktiv werden sollten. Denn Zufriedenheit im Job ist ein wichtiger Aspekt, der sich auf unser gesamtes Wohlbefinden und nicht zuletzt auch auf unsere Gesundheit auswirken kann. Da sollten wir nichts „anbrennen lassen“. Der Wunsch nach einer erfüllenden, sinnstiftenden Aufgabe, in der man seine Persönlichkeit, die Interessen und Leidenschaften einbringen kann, ist dabei meiner Erfahrung nach, nicht zwingend an ein bestimmtes Alter gebunden. Tendenziell zeigt sich aber, wie Sie in Ihrer Frage bereits erwähnen, dass die „Sinnfrage“ eher im mittleren Alter gestellt wird.
Das Thema Quereinstieg und berufliche Umorientierung wird immer spannender, auch für alle mit 40+. Der Fachkräftemangel bietet ja grundsätzlich gute Chancen für all diejenigen, die Ihre berufliche Karriere nochmals ganz neu und an einem völlig anderen Punkt starten wollen. Kann ich da auf mein Bauchgefühl hören und mich frei für einen neuen Job entscheiden, der mir Spaß macht? Oder sollte ich meine Skills analysieren und aus dieser Quelle schöpfen?
Beides spielt eine Rolle. Das Bauchgefühl gibt uns wichtige Hinweise darauf, was uns Spaß macht und welche Richtung wir einschlagen möchten. Es ist sehr wichtig, dass wir uns in unserem neuen Job wohl fühlen und gerne zur Arbeit gehen. Auf der anderen Seite ist es auch ratsam, die vorhandenen Fähigkeiten und Kenntnisse zu analysieren und in einer ehrlichen Selbstreflexion das eigene Denken, Fühlen und Handeln zu hinterfragen. Sinnvoll ist auch, wenn wir deutliche, belegbare Affinitäten zum gewünschten Bereich aufzeigen können. Vielleicht gibt es Bereiche, in denen wir bereits Erfahrung und Fachwissen haben, die sich in einem neuen Berufsfeld nutzen lassen. Eine Kombination aus unserem Bauchgefühl und einer realistischen Einschätzung unserer Fähigkeiten kann helfen, eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Förderlich ist auch, sich über den Arbeitsmarkt und die Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten in verschiedenen Branchen zu informieren. Das kann dabei helfen, realistische Erwartungen zu entwickeln und mögliche Optionen besser einschätzen zu können. Nicht zuletzt ist auch das eigene Mindset ein wichtiges Kriterium in jeder Form von Veränderung. Unsere Gedanken und das, woran wir glauben sind der eigentliche Motor unseres Handelns. Hier können einschränkende Gedankenmuster maßgeblich das Abrufen unseres zur Verfügung stehenden Potentials behindern. Daher ist in der Neuorientierung das Identifizieren und Relativieren unserer gedanklichen Hürden ein weiterer wichtiger Bestandteil des Prozesses. Ein Karrierecoaching bietet hier eine sehr gute Möglichkeit sich zu reflektieren und beruflich souverän zu positionieren.
Was bedeutet das für die Bewerbung, sich möglicherweise branchenfremd zu bewerben und keine Fachkenntnis mitzubringen? Ist das ein großer Nachteil?
Als Nachteil würde ich das per se nicht bezeichnen, aber es kann durchaus eine Herausforderung sein, sich branchenfremd zu bewerben. Umso wichtiger sind hier eine gute Vorbereitung, eine gezielte Herangehensweise, eine glaubhafte Argumentation und Durchhaltevermögen. Wenn ich schlüssig belegen kann, dass meine Fähigkeiten, Interessen und Werte mit den Anforderungen der neuen Position übereinstimmen und wie ich mit meiner Erfahrung eventuell neue Perspektiven schaffen kann, habe ich gute Chancen gehört zu werden. Viele Fähigkeiten wie z.B. Problemlösefähigkeit, Führungskompetenz, Kommunikationsstärke sind zudem nicht branchenspezifisch und somit für jeden Bereich interessant. Hilfreich ist es auch, Lernbereitschaft und Anpassungsfähigkeit zu signalisieren. Hierzu gehört auch, im Vorfeld zu analysieren, was an zusätzlichem Wissen benötigt wird und wie ich mir das aneignen kann. Und schlussendlich gilt, sich von möglichen Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen.
Gibt es eine Möglichkeit, wie ich mich in meinen Bewerbungsunterlagen trotz des Quereinstiegs interessant darstellen kann?
Überzeugende Bewerbungsunterlagen für den Quereinstieg legen den Wunsch nach einem Wechsel klar dar und weisen deutlich auf, welche praktischen Erfahrungen und Erfolge aus früheren Berufen für das Unternehmen relevant bzw. übertragbar sind.
In der Einleitung sollte der Bewerber seine Motivation für den neuen Bereich, die Beweggründe für den Quereinstieg und vorhandene Gemeinsamkeiten in Bezug auf gelebte Werte deutlich machen. Im Hauptteil sollte der Fokus auf relevanten beruflichen Erfahrungen und Kenntnisse liegen, die auch in der neuen Branche von Nutzen sein können. Abschließend ist eine starke Schlussformulierung entscheidend, die das Interesse am Unternehmen und an einem persönlichen Gespräch ausdrückt.
Der Lebenslauf sollte immer, nicht nur beim Quereinstieg, passgenau auf die spezifische Stellenausschreibung zugeschnitten sein und zeigen, dass man sich mit den Anforderungen und Aufgaben der neuen Position auseinandergesetzt hat. Für den Quereinstieg ist es zusätzlich entscheidend, die beruflichen Stationen so zu präsentieren, dass die für den Quereinstieg maßgebenden Kompetenzen und Erfahrungen hervorgehoben werden. Im besten Falle sollten vorhandene Weiterbildungen, Zertifikate oder besondere Projekte, die für den angestrebten Job relevant sind, aufgeführt werden. Es ist außerdem wichtig, Soft Skills und außerberufliche Aktivitäten zu erwähnen, die für die angestrebte Position von Bedeutung sind.
Abgesehen von der Notwendigkeit von Quereinsteiger und -einsteigerinnen, da es in vielen Branchen und Betrieben an Fachkräften mangelt, sind die Unternehmen denn überhaupt schon bereit, sich bei der Bewerbersuche zu öffnen? Ist hier schon eine Veränderung spürbar?
Insgesamt ist zu erkennen, dass sich Unternehmen zunehmend für Quereinsteiger öffnen. Pauschal lässt sich das aber nicht auf alle Branchen und Berufe übertragen. Gründe hierfür liegen hauptsächlich in den entsprechenden Zugangsvoraussetzungen. Und natürlich gibt es auch noch Unternehmen, die primär an den traditionellen Anforderungen festhalten. Dennoch ist insgesamt zu beobachten, dass Unternehmen offener für verschiedene Hintergründe und Erfahrungen von Bewerbern werden. Sie haben die Vorteile von Quereinsteigern erkannt, die frische Perspektiven, neue Ideen und diverse Fähigkeiten mitbringen können. Quereinsteiger zeigen Mut, trauen sich was zu, scheuen sich nicht out of-the-box zu denken, sie beweisen Flexibilität und Eigeninitiative. Das ist wertvolles Potenzial, das viele Unternehmen bereits effektiv nutzen. Aber hier darf und wird zwangläufig noch mehr passieren.
Was sind die größten Herausforderungen beim Quereinstieg und wie können Bewerber und Bewerberinnen in ihren 40ern diese meistern?
Abgesehen von den oben bereits erwähnten Herausforderungen und zu empfehlenden Herangehensweisen, steht und fällt m. E. die erfolgreiche Veränderung mit der eigenen inneren Haltung und der daraus resultierenden Botschaft, die ich sende. Hier greift das Zitat von Henry Ford ganz gut: „Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst es nicht: Du wirst auf jeden Fall recht behalten“. Damit Selbstzweifel und blockierende Denkmuster uns nicht davon abhalten, die gewünschte Veränderung umzusetzen, ist es ratsam persönliche Hürden zu identifizieren und positive Denkmuster zu entwickeln. Hier bietet sich im Karrierecoaching u.a. die Biographiearbeit an.
Das ist eine wirkungsvolle Methode, um Klarheit über die berufliche Entwicklung zu erlangen und vergangene Leistungen zu würdigen. Sie machen sich Ihre beruflichen Erfolge bewusst und können diese als Ressource für Ihre zukünftigen Ziele nutzen können. Auch das, was zurückliegend vielleicht als nicht so optimal erlebt wurde, kann neu eingeordnet und relativiert werden. Je besser wir uns selbst kennen, uns und unser Tun wertschätzen, desto überzeugender sind wir. In Verbindung mit den auf den Punkt gebrachten Bewerbungsunterlagen und einem authentischen, offenen und selbstbewussten Auftreten im Gespräch, präsentieren Sie sich als der wertvolle neue Mitarbeiter, der Sie zweifelsohne sind.
Fazit: Quereinstieg sollte gut geplant sein
Claudia Liemann zeigt im Interview auf, worauf es beim Quereinstieg mit 40+ ankommt. Eine wohl überlegte Entscheidung ist die Grundlage dazu. Eine gezielte Herangehensweise und ein Karriereplan für die Neuorientierung helfen zudem. Mit einem Coach an der Seite gelingt das leichter. Das passende Mindset für Veränderungen unterstützt dabei und ist wertvoll im Prozess der Reflexion. Darüber hinaus sollten Sie Ihre Soft Skills und Kenntnisse auf die neue Position möglichst übertragen und betonen. Die Vorteile, die Sie dem Unternehmen bringen, sind ebenfalls besonders hervorzuheben. Das sollte sich auch in den Bewerbungsunterlagen widerspiegeln. Insofern kann der Quereinstieg mit Planung, Strategie und Durchhaltevermögen bestens gelingen.
Im Karrierecoaching haben Sie die Möglichkeit, den Quereinstieg mit unseren Coaches und Beratern anzugehen. Mit professioneller Unterstützung haben Sie so die Chance, Feedback im Bewerbungsprozess zu erhalten und einen Karriereplan für die berufliche Umorientierung zu entwickeln.