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28. September 2023 | Redaktionsteam | merkur-start up

Die Kleinunternehmerregelung mit Marc Wacker

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Die Frage nach der Besteuerung scheint oft wie ein dichter Dschungel, durch den Sie sich als Gründender kämpfen müssen. Dabei stößt man schnell auch auf die Kleinunternehmerregelung. Die scheint zu Beginn äußert attraktiv, da Sie so eine Sonderstellung erhalten und keine Umsatzsteuer ausweisen müssen. Doch was steckt genau dahinter? Wenn Sie sich auch diese Frage stellen, dann sind Sie hier richtig, denn Marc Wacker wird Ihnen im Interview Antworten geben:

Kleinunternehmerregelung mit Marc Wacker

Besteuerung bei der Gründung klären

Die Meldung beim Finanzamt setzt voraus, dass Sie bereits wissen, welche Besteuerung Sie für Ihr Unternehmen bei der Gründung wählen. Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer, Kleinunternehmerregelung, Voranmeldungen… wie soll man da den Überblick behalten. In Sachen Besteuerung wird es einigen Stellen schon etwas komplizierter, doch das muss nicht so bleiben. Es gibt verschieden Möglichkeiten, wie Sie ein Grundverständnis bekommen, was Sie in Sachen Besteuerung für Ihr Gründungsvorhaben wissen sollten. Daher sollten Sie sich bei der Vorbereitung Ihrer Gründung auch frühzeitig mit Steuerfragen beschäftigen. Für einen ersten Überblick und den Einstieg in den Steuer-Dschungel haben wir am Ende auch noch einen Tipp für Sie.

Marc Wacker kennt sich mit steuerlichen Themen und auch mit allem, was Abgaben angeht, besonders aus. Er ist Experte auf dem Gebiet und damit der richtige Ansprechpartner, wenn es bei Ihrem Gründungsvorhaben um die Besteuerung geht. Als Gründungscoach unterstützt er zahlreiche Gründende dabei, welche Besteuerung Sinn macht und was es dabei zu beachten gilt. Für viele Gründende ist der Start als Kleinunternehmer besonders interessant, doch lohnt sich das tatsächlich? Wir haben ihn einmal zum Thema Kleinunternehmerregelung interviewt, hier lesen Sie seine Antworten:

Herr Wacker, die Kleinunternehmerregelung kommt bei der Gründung oft zur Sprache, ist aber für die meisten ein Buch mit sieben Sigeln. Was versteckt sich dahinter denn genau?

Die Kleinunternehmerregelung ist eine Erleichterung im Zusammenhang der Umsatzsteuerbuchhaltung. Dabei befreit diese nicht, wie viele irrtümlich erklären, von der Umsatzsteuer per se, sondern lediglich von der buchhalterischen Erfassung der Umsatzsteuer und der sogenannten Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, welches einen gewisse Umsatzgröße nicht überschreitet nach §19 des Umsatzsteuergesetzes in seinen Rechnungen keine gesonderte Position mit der Umsatzsteuer ausweisen muss. Somit wird also keine Umsatzsteuer eingenommen. Auch die Weiterleitung etwaiger eingenommener Volumina an Umsatzsteuer an das Finanzamt entfallen. Damit sehen wir auf den ersten Blick, dass etwaige Aufgaben mit der Umsatzsteuer einhergehen, die wir uns als Nutzer der Kleinunternehmerregelung ersparen.

Woher kommt denn der Irrtum rund um die Regelung und warum verstehen viele Neugründer die Materie nicht?

Hier fange ich gerne mit dem zweiten Teil der Frage an. Denn die Umsatzsteuer ist für die meisten Menschen in Deutschland Neuland. Das liegt aus meiner Sicht daran, dass wir ein Leben lang mit Bruttopreisen konfrontiert sind. Das bedeutet, dass wenn wir beispielsweise in einen Supermarkt gehen, so ist es deutsches Gesetz, dass die Preise brutto ausgeschrieben sind, sofern diese sich an den Endverbraucher richten. Das bedeutet automatisch, dass wenn wir einen Preis – von zum Beispiel einem Euro sehen – dass dieser 119% ausmacht. Die Umsatzsteuer ist enthalten. Sofern wir den Schritt zum Unternehmertum nicht wagen, so kommen wir auch nicht in die Situation uns darüber Gedanken zu machen. Verdeutlicht wird dies, wenn wir jemanden Fragen, was der Artikel kostet. Hier ist die Antwort in nahezu allen Fällen ein Euro. Tatsächlich wäre die korrekte Antwort jedoch, dass die Ware 84 Cent kostet und 16 Cent Umsatzsteuer auf den Artikel entrichtet werden. Die 16 Cent werden dann vom Supermarkt an das Finanzamt weitergezahlt.

Der Irrtum ist dann eine Kombination aus der Unwissenheit und einer laschen Erklärung von verbindlichen Experten. Denn häufig höre ich den Satz, dass wir uns als Kleinunternehmer die Umsatzsteuer sparen. Das suggeriert, dass wir diese nicht zahlen müssen. Das ist jedoch leider vollkommen falsch. Korrekt wäre es, wie in Frage eins beschrieben. Kurz gesagt, werden wir als Nutzer der Kleinunternehmerregelung gar nicht wirklich als Unternehmung betrachtet. Wir agieren exakt so wie der Endverbraucher und haben keine Verrechnungsmöglichkeiten bei der Umsatzsteuer.

Was sind die Vorteile, weshalb es für viele so verlockend klingt?

Der Vorteil liegt eigentlich nur darin, dass wir uns einiges an Aufwand sparen. Sowohl in der eigenen Erfassung, als auch in der Korrespondenz mit dem Finanzamt. Eine Umsatzsteuervoranmeldung ist nahezu identisch mit einer Steuererklärung. Wer diese für seine eigene private Steuer schon einmal gemacht hat (was dringend zu empfehlen ist) weiß, wie aufwändig dies sein kann. Darüber hinaus spart sich eine Neuunternehmung mit der Regelung häufig Steuerberaterkosten. Denn die Erklärung wird meist über einen Steuerberater abgewickelt, was selbstverständlich auch nicht kostenneutral ist.

Das hört sich natürlich attraktiv an, aber die Kleinunternehmerregelung eignet sich ja nicht für alle Gründenden? Für wen ist sie besonders spannend?

An sich ist die Regelung spannend für Unternehmungen, welche zum einen keine wirklichen oder nur umsatzsteuerfreie Ausgaben tätigt. Umsatzsteuerfreie Ausgaben könnten Gehälter oder auch etwaige Mieten sein. Hierbei handelt es sich häufig um Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, im Bildungswesen agieren oder auch Coachings anbieten. Darüber hinaus gibt es Leistungen, die nach anderen Paragraphen des Umsatzsteuergesetzes von der Umsatzsteuer befreit sind. Insbesondere § 4 des Umsatzsteuergesetze listet einige Branchen auf. Da hier keine Umsatzsteuer eingenommen wird, ist der Abzug der gezahlten Vorsteuer in den meisten Fällen auch nicht möglich. Sie werden quasi unabhängig vom Umsatz wie Kleinunternehmer behandelt. In allen anderen Fällen, außerhalb des § 4 ist es selbstverständlich Voraussetzung, dass die Freigrenze des Umsatzes nicht überschritten wird.

Für wen macht es denn Sinn, von Beginn an auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten?

Pauschal kann hier gesagt werden, dass wer viele vorsteuerrelevante Investitionen zum Beginn der Unternehmung tätigt, sollte dringend abwägen, auf die Regelung zu verzichten. Denn in jedem Kauf sind 19% Umsatzsteuer enthalten. In diesem Fall zahlt die Unternehmung die Umsatzsteuer, was diese intern zur Vorsteuer werden lässt. Vorsteuern stellen Forderungen gegenüber des Finanzamtes dar und bedeuten, dass wir 19% der Investitionen mit einer Umsatzsteuervoranmeldung wieder zurückbekommen können. Dabei ist es wichtig, dass wir 19% der Einnahmen mit den Ausgaben verrechnen.

Klarer wird dies an einem Beispiel. Nehmen wir hierfür einen Schreinereibetrieb, der für den Unternehmensstart im September eine Werkstatt einrichtet. Für die Werkstatt nutzt dieser Räumlichkeiten auf dem eigenen Familiengrundstück, wofür keine Miete in Rechnung gestellt wird. In Summe kosten die Utensilien für die Werkstatt 350.000€ (Brutto). Darüber hinaus fallen in den Monaten September bis Dezember weitere 50.000€ (Brutto) für Materialien und sonstige Dinge an. Dem gegenüber stehen in den vier Monaten durch den Verkauf von Schreinerstücken Einnahmen in Höhe von 15.000€ (Brutto). Das nutzen einer Kleinunternehmerregelung in diesem Jahr wäre also möglich.

Schauen wir uns die gezahlten Vorsteuern (ausgewiesene Umsatzsteuer beim Kauf) an. Diese summieren sich auf 63.865,54€ (Investition zur Gründung: 55.882,35€ + Käufe im ersten Jahr: 7.983,19€).  Dem gegenüber steht die durch den Verkauf eingenommene Umsatzsteuer in Höhe von 2.394,96€. Diese kann einfach mit Hilfe eines Dreisatzes errechnet werden. Die Differenz aus den eingenommenen Steuern und den gezahlten liegt bei 61.470,58€ und stellt einen sogenannten Vorsteuerüberhang dar. Diesen können wir uns durch Meldung beim Finanzamt zurückholen. Der Schreinereibetrieb erhält also im ersten Jahr eine satte Steuerrückerstattung in Höhe von 61.470,58€. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Geld für die Investitionen aus Eigen- oder Fremdkapital stammt.

Die Rechnung zeigt, wie lukrativ es sein kann, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Langfristig sollte eine Unternehmung mit Investitionen dieser Größenordnung natürlich darauf achten Umsätze weit jenseits der Freigrenzen zu erzielen.

Wer zu Beginn klein startet und vielleicht auch nur nebenberuflich gründet, der greift ja dann besser auf diese Besteuerungsart als Kleinunternehmer zurück. Kann ich das später auch ändern?

Die Änderung zur Umsatzsteuerpflicht bzw. zum verpflichteten Ausweisen der Umsatzsteuer auf allen Rechnungen erfolgt in der Regel „automatisch“. Denn wenn es absehbar ist, dass im laufenden – oder im Folgejahr die Freigrenzen überschritten werden, so ist eine Umsetzung verpflichtend. Wie genau dann der Ablauf ist, dabei hilft selbstverständlich der Steuerberater.

Wie leicht ist der Wechsel, wenn ich später in Vollzeit Unternehmer sein möchte?

Wichtig ist es vorweg, dass die Umsatzsteuerpflicht überhaupt nichts mit der Anzahl der Stunden zu tun hat, die Gründer in die Unternehmung investieren. Es zählt ausschließlich die Höhe des Umsatzes im Jahr der Betrachtung oder im Folgejahr. Ob Teilzeit oder Vollzeit spielt also keine Rolle. Selbstverständlich besteht eine Korrelation zwischen der im Unternehmen verbrachten Zeit und dem Gesamtumsatz.

Der Wechsel ist nur dann kompliziert, wenn ich rückwirkend vom Finanzamt verdonnert werde, die Umsatzsteuer auszuweisen. Für diesen Fall müssen alle Belege korrigiert werden. Problematisch dabei kann es sein, dass die Kooperationspartner dann nicht akzeptieren, dass auf die gestellten Rechnungsbeträge noch 19% Umsatzsteuer on top kommen. Das passiert in der Regel, wenn Neugründer bei den Preisen nicht explizit von Nettopreisen sprechen. Wer den Kunden dann unbedingt behalten möchte, bleibt als Neugründer auf 19% des Betrages sitzen, da der Nettoumsatz dann zum Bruttoumsatz wird.

Was raten Sie Gründenden, die absolut unsicher sind, wofür sie sich entscheiden sollen?

Grundsätzlich rate ich den Neugründenden sich beraten oder im besten Falle durch Gründungscoaches begleiten zu lassen. Gerade wenn Neugründende planen, aus dem Hauptberuf auszuscheiden, gibt es umfangreiche Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung. Nur eine Anlaufstelle ist dabei die Bundesagentur für Arbeit und ein entsprechendes Gründungscoaching.

Auch wichtig finde ich, dass selbstständige Personen in der Lage sind, diese grundlegenden Themen berechnen zu können. Sollte dies nicht der Fall sein, so gibt es viele Kursangebote, welche Steuern, Buchhaltung-Basics oder auch kaufmännisches Rechnen kostengünstig anbieten. Das gehört aus meiner Sicht zum Pflichtwissen und ist Financial Education zuzuordnen. Das ist ein wichtiges Thema, was leider vernachlässigt wird. Daher ist es auch mein Anliegen mehr finanzielle Bildung zu vermitteln und das mit meinem Unternehmen FinancialEducation neben meiner Arbeit als Coach auch noch voranzutreiben.

Worauf gilt es generell noch bei der Besteuerung zu achten?

Hierzu fallen mir ad hoc zwei Dinge ein:

1. Ein Steuerberater, der mir alles andere als sympathisch war, mahnte mich einst. Er sagte, dass ich nichts, aber auch nichts ausschließlich aus dem Grund tun sollte, um Steuern zu sparen. Auch wenn ich nicht sein Klient wurde, so ist mir seine Mahnung ein stetiger Begleiter. Steuern sparen, sowie der Gedanke daran, muss selbstverständlich sein. Jedoch sollte dieser bei unternehmerischen Entscheidungen nicht der ausschließliche Antreiber sein.

2. In Sachen Steuern kennt das Finanzamt nur wenig Erbarmen. Folge daher gerne dem Grundsatz, dass die Hälfte aller Einnahmen als Rücklage zur Seite gepackt werden sollte. Denn Umsatzsteuern sind nicht die einzigen Steuern, welche am Ende des Jahres fällig werden. Hinzu kommen beispielsweise noch die Gewerbesteuer, die Einkommenssteuer und ggf. auch noch Körperschaftssteuern. Von Sozialabgaben rund um Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungen haben wir dann noch nicht gesprochen.

Ein genauer Blick auf die Tätigkeit mit Hilfe eines Experten lohnt daher in der Regel immer!

Fazit: Kleinunternehmerregelung oder doch klassische Besteuerung mit Hilfe eines Experten klären

Der Steuer-Dschungel ist dicht und den Weg ohne Hilfe zu finden, daher schwierig. Das lässt sich zumindest aus dem Interview zur Kleinunternehmerregelung mit Marc Wacker herauslesen. Der vermeintliche Vorteil der Besteuerung als Kleinunternehmer scheint insgesamt doch verlockender als er in Wahrheit ist. Daher sind Experten die richtige Methode, um sich Wissen anzueignen und im Einzelfall mit Unterstützung über die Besteuerung clever entscheiden zu können. Ob im Gründungscoaching mit einem Steuerexperten als Coach an der Seite oder aber direkt mit einem Steuerberater für die Zukunft, so gelingt es Ihnen, die richtige Wahl zu treffen.

 

Zwei Empfehlungen wollen wir Ihnen dazu noch mitgeben, sodass Sie weiterführende Informationen erhalten:

Im Onlineseminar zum Thema „Gründerwissen: Steuern“ bekommen Sie zusätzlich einen guten Überblick ins Steuerthema. 

Darüber hinaus können Sie sich auch für das Seminar „Gründerwissen: Soziale Absicherung und Versicherungen“ zu den zusätzliche Ausgaben für Sozialabgaben informieren.

 

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