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20. September 2019 | Redaktionsteam | merkur-start up

Arbeit im Ausland: Marcus Sperlich gibt Antworten auf Rechts- und Steuerfragen

Viele haben den Traum vom Arbeiten im Ausland. Digitale Nomaden sind dabei ortsunabhängig und können ihre Zelte schnell wieder abbrechen und woanders arbeiten. Wer den Traum von der Eröffnung einer Bar am Strand oder eines Cafés hat, der ist weniger flexibel. Rechtlich und steuerlich sollten sich beide vorab gut informieren, denn wer beruflich mit dem Ausland zu tun hat, für den greifen einige Besonderheiten im Steuerrecht. Auch die Rechtsform kann für die Gründung und die freiberufliche Arbeit im Zusammenhang mit dem Ausland eine Besonderheit sein. Um das Dickicht in Rechts- und Steuerfragen für Gründer und Freiberufler, die im Ausland arbeiten, zu lichten, haben wir merkur-start up-Berater Marcus Sperlich einmal zum Interview eingeladen. Er wird Licht ins Dunkel bringen und die wichtigsten Fragen in Sachen Steuer beantworten.

Marcus Sperlich berät für die merkur-start up zu steuerlichen Belangen

Marcus Sperlich berät Gründer im Rahmen seiner Arbeit für die merkur-start up in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten und bereitet sie so auf die Gründung und die spätere Buchhaltung vor. Zudem ist er Steuerberater mit einer eigenen Kanzlei in Rosbach und hilft dabei Freiberuflern und mittelständischen Unternehmen mit ihrer Steuer. Zahlreiche Erfahrungen in Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften und mittelständischen Steuerberatungskanzleien nach seinem Abschluss des Steuerberaterexamens 2006 haben ihn auf seine jetzige Arbeit als selbstständiger Steuerberater vorbereitet. Dadurch ist seine Beratung in Steuerangelegenheiten umfassend und er macht es für seine Kunden leichter, sich dem Steuerthema zu nähern. Wenn es um die Arbeit im Ausland oder für ausländische Kunden geht, beantwortet Marcus Sperlich die brennenden Fragen für Gründer und Freiberufler:

Was muss ich bei Gründung eines Unternehmens alles wissen?

Bei der Gründung eines gewerblichen Unternehmens in Deutschland benötige ich zunächst einen Gewerbeschein. Den bekomme bei der Stadt, in der ich wohne oder dort wo ich mein Unternehmen gründen möchte. Bei unseren europäischen Nachbarn ist das nicht anders, wobei es hier natürlich Unterschiede gibt. Dabei muss ich die jeweiligen länderspezifischen Besonderheiten beachten.

Vor der Gründung eines Unternehmens sollte ich mir natürlich auch Gedanken über die Rechtsform machen. Ich kann als Einzelner z.B. ein Einzelunternehmen oder eine Kapitalgesellschaft (GmbH, UG) gründen. Jede Rechtsform hat ihre Vor- aber auch ihre Nachteile. Wenn ich nun die ideale Rechtsform für mich ausgewählt habe, melde ich mein Unternehmen beim Gewerbeamt an. Das Gewerbeamt meldet zunächst die Unternehmensgründung dem Finanzamt, der Industrie- und Handelskammer bzw. der Handwerkskammer. Mit dem Finanzamt habe ich als Unternehmer sicherlich die meisten Berührungspunkte. So muss ich im sog. steuerlichen Erfassungsbogen unter anderem einige Angaben zu meinem Unternehmen, zur Gewinnermittlungsart und zur Umsatzbesteuerung beantworten.

Sobald ich meine neue Steuernummer vom Finanzamt mitgeteilt bekommen habe, kann es richtig losgehen. Ich bestelle mir mein Briefpapier, vervollständige die Angaben auf meiner Homepage und schreibe die ersten Rechnungen.

Wie verhält es sich, wenn ich bei Gründung bereits weiß, dass ich für einige Zeit im Ausland arbeiten möchte? Welches Steuerrecht gilt dann?

Wenn ich bei Gründung bereits weiß, dass ich für einige Zeit im Ausland arbeite, muss ich mich gegebenenfalls nicht nur mit den deutschen Vorschriften auseinandersetzen, sondern auch mit den Rechtsvorschriften des jeweiligen anderen Landes. Neben dem Sitz des Unternehmens kann dabei auch der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Firmeninhabers von entscheidender Bedeutung sein. Sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und den anderen Ländern regeln dabei das Besteuerungsrecht des jeweiligen Staates.

Wenn mein Firmensitz allerdings in Deutschland ist, bin ich nach dem geltenden OECD Muster- DBA zunächst einmal auch grundsätzlich in Deutschland steuerpflichtig, da die Besteuerung ausschließlich im Wohn(sitz)-Staat erfolgen darf. Wenn ich mich auch im Ausland aufhalte, könnte ich aber (gewollt oder auch ungewollt) dort u.U. auch eine Betriebsstätte unterhalten. Das hätte dann zur Folge, dass ich auch im Ausland mit den dort erzielten Einnahmen steuerpflichtig bin.

Wenn ich z.B. eine Bar am Strand von Spanien eröffne, muss ich mich unbedingt mit dem spanischen Steuersystem vertraut machen und mir einen steuerlichen Berater vor Ort suchen, da ich dann mit meinem Unternehmen in Spanien steuerpflichtig bin. Es ist aber nicht auszuschließen, dass ich zudem auch in Deutschland mit anderen Einkunftsarten steuerpflichtig bin, wenn ich z.B. dort eine Wohnung habe, die ich vermiete und daraus Einnahmen erziele.

Und was, wenn ich für einige Jahre oder sogar dauerhaft auswandern möchte. Welche Missverständnisse und steuerliche Fehler kommen in Bezug auf das Arbeiten im Ausland allzu häufig vor? Wie lassen sich diese am besten vermeiden?

Wenn ich auswandere, zumindest für ein paar Jahre, dann werde ich wahrscheinlich meinen deutschen Wohnsitz aufgeben. Aber auch wenn ich diesen beibehalte, wird ja mein gewöhnlicher Aufenthalt künftig im Ausland sein.  Das bedeutet, dass ich dann im Ausland unbeschränkt steuerpflichtig bin.

Ich denke, das größte Missverständnis liegt bei der Unterscheidung zwischen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt.

Wenn ich mich überwiegend im Ausland aufhalte (mehr als 6 Monate) habe ich dort meinen sog. gewöhnlichen Aufenthalt. Das bedeutet, dass ich dort unbeschränkt steuerpflichtig bin. Im Grunde kann ich überall in der Welt eine Wohnung (und damit einen Wohnsitz haben). Steuerlich kann es aber nur einen gewöhnlichen Aufenthalt geben. Dieser ist für die Beurteilung der unbeschränkten Steuerpflicht entscheidend.

Wie verhält sich das, wenn es umgekehrt ist? Wenn der Kunde im Ausland ist, ich aber von Deutschland aus arbeite? Was bedeutet das für die Rechnungsstellung? Mit welchen Abzügen und Steuern ist zu rechnen? Kommt es zu einer Doppelbesteuerung?

Wenn mein Kunde im Ausland ist und ich in Deutschland mein Unternehmen betreibe, muss ich einige umsatzsteuerliche Fragen klären. Nehmen wir mal an, ich bin als Unternehmensberater tätig und rechne meine Leistung gegenüber meinem Kunden ab. Dann kommt es darauf an, ob es sich um ein Unternehmen im EU-Ausland oder im Nicht- EU Ausland handelt. Innerhalb der EU haben wir ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem. Wenn mein Kunde seinen Sitz in Luxembourg hat, benötige ich von ihm seine USt-Id-Nummer. Wenn ich diese überprüft und ihn identifiziert habe, muss ich meine Rechnung netto, also ohne Umsatzsteuer ausstellen, da in diesem Fall das sog. Reverse-charge Verfahren anzuwenden ist. Das bedeutet, dass sich die Mehrwertsteuerschuld auf meinen Kunden verlagert. Er muss dann den jeweiligen Mehrwertsteuersatz seines Landes anwenden und abführen. Gleichzeitig hat er einen Vorsteuerabzug.

Allerdings kann das Ergebnis in einem anderen Fall dazu führen, dass ich mich für umsatzsteuerliche Zwecke im Ausland registrieren, einen Fiskalvertreter beauftragen und die Umsatzsteuer des jeweiligen Landes abführen muss. Das kann mit erheblichen Kosten verbunden sein.

Einkommensteuerlich bin ich mit meinem Gewinn in Deutschland steuerpflichtig, unabhängig davon, wo meine Kunden ihren Sitz haben. Eine Doppelbesteuerung liegt daher nicht vor.

Was kommt auf mich zu, wenn ich eine GmbH oder UG gründe und vom Ausland aus arbeiten möchte?

Die GmbH oder UG ist aufgrund des Unternehmenssitzes in Deutschland steuerpflichtig, unabhängig davon, wo Sie wohnen. Wir müssen hier aber auch zunächst die unterschiedlichen Besteuerungsebenen voneinander unterscheiden. Die GmbH (oder UG) ist ein eigenes Steuersubjekt und unterliegt der Körperschaftsteuer; das ist die Einkommensteuer der juristischen Personen. Sie als Gesellschafter und als Geschäftsführer werden auf einer anderen Ebene besteuert. Als Gesellschafter, wenn die GmbH eine Gewinnausschüttung tätigt und als Geschäftsführer, wenn Sie ein Gehalt beziehen.

Wenn Sie als Geschäftsführer vom Ausland aus arbeiten, unterliegen Sie mit Ihren Einkünften aus dem Angestelltengehalt in Deutschland dem Lohnsteuerabzug und sind auch dort mit Ihrem Angestelltengehalt steuerpflichtig, auch wenn Sie im Ausland Ihren Wohnsitz haben. Bei normalen Angestellten kommt es nach den Regelungen der DBA grundsätzlich auf den Tätigkeitsort an. Das bedeutet, wenn Sie für eine Niederlassung im Ausland arbeiten, sind Sie mit Ihrem Gehalt dort steuerpflichtig. Aber auch hier kann es Ausnahmen geben, wenn es nur kurzzeitige Einsätze sind.

Wenn der Aspekt erst später dazu kommt; greift dann die sog. Wegzugsbesteuerung? Und was bedeutet das konkret für mich als Unternehmer?

Ja, das ist korrekt. Hintergrund dieser Regelung ist, dass dem deutschen Fiskus nicht die stillen Reserven aus einer Beteiligung an einer GmbH oder UG entgehen sollen, wenn der wesentlich Beteiligte seinen Wohnsitz ins Ausland verlagert. Mit der Wegzugsbesteuerung werden dann die stillen Reserven, also der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten der Beteiligung und dem gemeinen Wert (Marktwert) besteuert.

Welchen steuerlichen Rat geben Sie Gründern mit auf den Weg? Ganz unabhängig vom Arbeiten im Ausland oder Inland? Gibt es etwas, was Gründer unbedingt in Bezug darauf vermeiden sollten?

Liquidität ist, wie ich finde, von großer Bedeutung für das Gelingen eines Startups.  Die wenigsten scheitern aufgrund der Geschäftsidee, sondern weil sie ihre Liquidität nicht im Griff haben oder diese einfach unterschätzen. Ich appelliere immer an die Gründer, eine ausreichende Reserve für den kurzfristigen und unvorhergesehenen Liquiditätsbedarf vorzuhalten und sehr sparsam vorzugehen. Für die Einkommensteuer gibt es eine Faustregel, die besagt, dass man rund ein Drittel zur Seite legen soll, um sie bezahlen zu können. Hinzu kommen noch Krankenversicherungsbeiträge und die Altersvorsorge.

Wer z.B. vorher Angestellter war und nun den Schritt in die Selbständigkeit geht, muss sich mit vielen Dingen auseinandersetzen, um die er sich vorher gar nicht zu kümmern brauchte. Das Nettogehalt, dass vom Arbeitgeber auf das Konto überwiesen wurde, war meist eine Konstante und letztlich zum Bestreiten des privaten Lebensunterhaltes da.

Wie Sie sehen, wird schnell deutlich, dass man eine anderes Liquiditätsmanagement betreiben muss. Als Selbstständiger geht man ja ein viel größeres Risiko ein und muss auch Unvorhergesehenes einplanen (zB. Umsatzeinbruch, Krankheit, Personalmangel).

Selbständige müssen auch eine andere Denkweise haben. Den ersten Geldeingang aus dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung muss der Gründer sogleich als Bruttoeinnahme verstehen. 19% des Rechnungsbetrages, die auf seinem Konto eingehen, gehören ihm gar nicht. Diesen Anteil bekommt der Fiskus monatlich in Form der Umsatzsteuer weitergereicht. Die dürfen auf keinen Fall als liquide Mittel eingeplant sein. Weitere 30- 35% sind, wie gesagt, für die spätere Einkommensteuerzahlung fest einzuplanen. Dieser Betrag sollte sogleich auf ein sog. Rücklagenkonto gebucht werden oder besser noch mit den vierteljährlichen Steuervorauszahlungen an das Finanzamt überwiesen werden.

Bezüglich der Umsatzsteuer ist es absolut zu empfehlen, sogleich einen Antrag auf Ist-Versteuerung zustellen. Die Fälligkeit der Umsatzsteuer funktioniert dann nach dem Cashflow-Prinzip. Das heißt, der Unternehmer muss die Umsatzsteuer erst für den Monat an das Finanzamt abführen, indem der Kunde seine Rechnung bezahlt hat. Diese Möglichkeit der Umsatzbesteuerung ist liquiditätsschonend und steht in der Startup-Phase grundsätzlich allen Unternehmern und Rechtsformen offen, es sei denn, es werden gleich zu Beginn bestimmte Umsatzgrenzen überschritten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist eine funktionierende Buchhaltung und ein guter Steuerberater, der als Sparringspartner den Unternehmer in allen wichtigen Entscheidungen begleitet. Ohne eine zeitnahe Buchhaltung und eine gute steuerliche und betriebswirtschaftliche Betreuung hat man keinen Überblick über sein Unternehmen und kann wichtige Weichen zur steuerlichen Gestaltung nicht erkennen. Aus meiner Sicht ist es unumgänglich, sich frühzeitig (also vor Beginn der Selbständigkeit) auch mit diesen Themen zu beschäftigen.

Vielen Dank für das Interview und die vielen hilfreichen Antworten, die den Dschungel in Sachen Steuer, Buchhaltung und Rechtsform etwas lichter machen. Damit sind Gründer und Unternehmer schon einmal grundlegend informiert.

Wenn es weitere Fragen gibt, ist ein Existenzgründungscoaching eine gute Gelegenheit, um strategisch an die Gründung zu gehen und sich von Experten zu verschiedensten Themen beraten zu lassen. Einen ersten Termin zum kostenlosen Erstgespräch lässt sich ganz einfach telefonisch unter 0800-0007827 vereinbaren!